Kunsttherapie für Demenzkranke
Neues Kreativangebot der Schlossverwaltung – Zeichnen und Werkeln unter professioneller Anleitung
Von: Katja Schuricht – Taunuszeitung vom 4.Dezember 2019,
Im Atelier werkelt Ulrich Kleemann mit Unterstützung seine Tochter Bettina und Kunsttherapeut Andreas Hett. Foto: J. Reichwein
Das museumspädagogische Team des Bad Homburger Schlosses lädt nicht nur Kinder dazu ein, sich im Atelier des Schlosses kreativ auszutoben. Jetzt hat die schlosseigene Kunstwerkstatt ihre Pforten für Menschen, die an Demenz erkrankt sind, geöffnet. Die Organisatoren würden sich für das Angebot „Mal was anderes“, das Kunsttherapeut Andreas Hett betreut, nur eine größere Resonanz wünschen.
Erst sind es nur ein paar zaghafte Striche, die Ulrich Kleemann mit dem Bleistift auf das Papier zeichnet. Doch dann, ermutigt von seiner Tochter Bettina und von Andreas Hett, legt er alle Vorsicht ab und geht in die Details: Zu den Umrissen des Baums kommen fein ausgearbeitete, dünne und dickere und Äste. Zum Schluss zeichnet er mit flinken Bewegungen ein Eichhörnchen auf einen Ast. „Das setze ich auf den kräftigsten“, sagt Ulrich Kleemann. Der 79-Jährige und seine Tochter sind die einzigen Teilnehmer, die an diesem Tag das Angebot „Mal was anderes“ im offenen Atelier des Schlosses wahrgenommen haben. Es ist immer schwierig, eine etwas größere Gruppe zusammenzubekommen“, weiß Andreas Hett aus Erfahrung.
Chemie muss stimmen
Hett ist Kunsttherapeut. Er betreut „Mal was anderes“ im Schloss und begleitet zudem seit vielen Jahren Menschen mit Demenz, die daheim oder in Senioreneinrichtungen leben. Gemeinsam mit Museumspädagogin Dr. Britta Reimann von der Verwaltung der Staatlichen Schlösser hat er das Projekt für Menschen mit Demenz eingerichtet. „Wir wissen aber aus Erfahrung, dass es nicht leicht ist, möglichst viele Besucher anlocken“, so Hett. Das habe verschiedene Gründe. „Das Angebot richtet sich an Menschen, die an Demenz erkrankt sind und zu Hause leben“, erklärt er. Oft melden sie sich an. Und dann passiert es, dass sie plötzlich doch keine Lust haben. Oder sie müssen überredet werden, es zu versuchen“, sagt Hett. Aber: „Viele trauen sich auch gar nicht mehr aus dem Haus“, sagt Hett. „Ähnliches habe ich mit meinem Vater er lebt“, berichtet Hett. „Ich musste ihn richtig überreden“, erzählt er.
Ohne Überredungskunst ist Bettina Kleemann ausgekommen. „Ich musste meinen Vater nicht davon überzeugen“, verrät sie. „Mein Vater fand die Idee, das offene Atelier auszuprobieren, sofort gut“, berichtet sie. „Ich selbst genieße es auch, mit meinem Vater zusammen zu sein und einfach mal etwas ganz anderes zu machen“, ergänzt sie.
Was sie besonders freut: Die Chemie scheint zwischen Andreas Hett und meinem Vater zu stimmen“, sagt sie. Deshalb ist sie sicher, dass ihr Vater und sie auch beim nächsten Termin dabei sein werden.
Spaß im Vordergrund
Der Gedanke, der hinter dem Projekt steckt, ist, dementen Menschen, die sich kreativ beschäftigen möchten und vielleicht schon immer künstlerisch oder handwerklich tätig waren, dazu die Gelegenheit zu geben. Sie können unter Anleitung von Hett drucken, malen, zeichnen, sägen und feilen. „Es soll Spaß machen“, betont Hett. Die Teilnehmer lernen verschiedene Techniken und Materialien kennen. Dieses Mal steht die Kaltnadelradierung auf dem Programm. Dazu nehmen wir eine Plexiglasplatte.
Das Kniffligste wird sein, die Folie der Platte abzuziehen“, meint Hett. „Das ist für heute der größte Aufwand“ Dann legt Ulrich Kleemann die Zeichnung seines Baums auf die Platte und klebt sie oben Rand fest, damit das Papier nicht wegrutscht. „Jetzt tauschen wir unser Werkzeug und arbeiten statt mit dem Bleistift mit der Radiernadel weiter erläutert Hett.“Jetzt ritzen wir mit der Radiernadel die Umrisse des Baums auf die Platte“, erläutert er weiter. Dann kommt Wischgaze zum Einsatz. “ Damit reiben wir die Farbe ein. Mit einer zweiten Wischgaze nehmen wir die Farbe wieder weg. So bleibt die Farbe nur in den tief geritzten Linien.“ Hett legt das Papier, auf das der Baum von Ulrich Kleemann gedruckt wird, in Wasser ein. “ Zuletzt kommt die Presse zum Einsatz. „Durch Nässe saugt sich das Papier mit der Farbe der Druckplatte besonders gut auf.
Eine Radierung, erzählt Ulrich Kleemann, habe er zuvor noch nie gemacht. „Ich habe früher als Jugendlicher aber immer mal gerne gezeichnet“, fügt der Bad Homburger hinzu.